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BGH-Urteil zur Vorfälligkeitsentschädigung bei Verkauf der Immobilie

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass eine Bank keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen kann, wenn die vertraglichen Angaben zur Berechnungsmethode dieser Entschädigung unzureichend sind (§ 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Ein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung setzt voraus, dass der Darlehensvertrag „klar und verständlich“ (Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB) darüber informiert, wie die Entschädigung im Fall der vorzeitigen Rückzahlung berechnet wird.

Im Mittelpunkt des Verfahrens standen zwei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge, in denen das Kreditinstitut nur sehr allgemein darauf verwiesen hatte, dass die – vom Bundesgerichtshof anerkannte – „Aktiv-Passiv-Methode“ herangezogen werde und sich die Berechnung am „Zinsverschlechterungsschaden“ bis zur „Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens“ orientiere. Aus Sicht des Gerichts war für einen durchschnittlich informierten Verbraucher jedoch nicht klar ersichtlich, dass es für diesen Zinsschaden nur auf die rechtlich gesicherte Zinserwartung (z. B. maximal bis zum Ende der vereinbarten Zinsbindung oder bis zur nächsten gesetzlichen Kündigungsmöglichkeit) ankommt – und eben nicht auf die gesamte, im Vertrag angegebene (Gesamt‑)Laufzeit. Außerdem fehlte eine hinreichende Klarstellung, wie vereinbarte Sondertilgungsrechte in die Berechnung einfließen (BGH, Urteil vom 03.12.2024 – XI ZR 75/23).

Da die Klauseln somit unrichtig bzw. irreführend waren, führte dies nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB zum Ausschluss des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung. Die von den Darlehensnehmern bereits (unter Vorbehalt) geleisteten Beträge waren daher ohne Rechtsgrund gezahlt worden und mussten von der Bank zurückerstattet werden.

Kernaussagen des Urteils

  1. Fehlerhafte oder irreführende Angaben zur Berechnungsmethode
    Wird im Vertrag unklar oder unzutreffend vermittelt, dass sich die Vorfälligkeitsentschädigung an einer (zu) langen Restlaufzeit orientiert, so ist dies nicht mehr „klar und verständlich“. Der durchschnittliche Verbraucher kann sonst den Eindruck gewinnen, die Bank dürfe den Zinsschaden für den gesamten Darlehenszeitraum (bzw. eine längere Zeit als rechtlich zulässig) berechnen.
  2. Maßgeblich ist die rechtlich geschützte Zinserwartung
    Nach ständiger Rechtsprechung des BGH erstreckt sich der Zinsschaden grundsätzlich nur bis zum Ende der Zinsbindungsfrist oder bis zur (früheren) Kündigungsmöglichkeit nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB (also in der Regel maximal 10 Jahre und 6 Monate ab Vollauszahlung). Eine längere Laufzeit ist nicht „geschützt“.
  3. Berücksichtigung von Sondertilgungsrechten
    Sind während der Zinsbindung jährliche Sondertilgungsrechte vereinbart, muss der Vertrag (bzw. die Vertragsklausel) erkennen lassen, dass diese Rechte bei der Schadensberechnung abzuziehen sind; andernfalls wird die mögliche Vorfälligkeitsentschädigung ihrerseits überhöht.
  4. Rechtsfolge: Ausschluss des Entschädigungsanspruchs
    Sind die Pflichtangaben fehlerhaft, greift § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Ein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung besteht dann nicht. Bereits gezahlte Beträge können nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB (ungerechtfertigte Bereicherung) zurückverlangt werden.

Bedeutung für die Praxis

  • Kreditinstitute müssen darauf achten, dass ihre Vertragsklauseln zur Vorfälligkeitsentschädigung möglichst eindeutig regeln, bis wann ein Zinsschaden berechnet werden darf (Stichwort: „Zinsbindungsfrist“ bzw. „rechtlich geschützte Zinserwartung“) und wie Sondertilgungsrechte einzubeziehen sind.
  • Verbraucher können bei missverständlichen Vertragsklauseln ggf. die bereits geleistete Vorfälligkeitsentschädigung zurückfordern (bzw. gar nicht erst zahlen), sofern sie im Streitfall nachweisen, dass die Pflichtangaben zur Berechnungsmethode fehlerhaft oder unklar waren.
Bild von Rechtsanwalt Cihan Kati im Anzug
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