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Mithaftung nicht angeschnallter Mitfahrer für dadurch verletzte Fahrzeuginsassen

Wann haften nicht angeschnallte Mitfahrer für die Verletzungen anderer Insassen? Welche Rolle spielt die Anschnallpflicht bei Verkehrsunfällen? Ein aktueller Fall des OLG Köln beleuchtet die rechtlichen Konsequenzen und die Abwägung der Schuld.

Mithaftung nicht angeschnallter Mitfahrer für dadurch verletzte Fahrzeuginsassen

Das Auto ist heute eines der beliebtesten Fortbewegungsmittel – doch es birgt auch erhebliche Unfallrisiken. Daher gibt es klare Sicherheitsvorschriften, wie die Gurtpflicht gemäß § 21a StVO, die jeden Fahrzeuginsassen schützt. Dennoch halten sich nicht alle an diese Vorschrift, oft im Glauben, dass sie bei einem Unfall nur sich selbst gefährden. Was jedoch viele vergessen: Wer nicht angeschnallt ist, kann bei einem Unfall auch andere Fahrzeuginsassen gefährden.

Ein Beispiel dafür wurde vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln verhandelt. In dem Fall fuhr ein Autofahrer, der Versicherungsnehmer der Klägerin, alkoholisiert und mit stark überhöhter Geschwindigkeit auf einer Landstraße. Ein entgegenkommender Skoda mit drei Insassen, darunter die Geschädigte auf dem Beifahrersitz und die nicht angeschnallte Beklagte auf dem Rücksitz, war in den Unfall verwickelt. Während der Versicherungsnehmer verstarb, erlitten die Skoda-Insassen schwere Verletzungen. Die Versicherung der Klägerin zahlte fast 400.000 Euro an die Geschädigte und verlangte daraufhin eine Mithaftung der nicht angeschnallten Beklagten.

Der Vorwurf: Die Beklagte habe durch das Nichtanschnallen zur Schwere der Verletzungen der Geschädigten beigetragen. Ein Sachverständigengutachten stützte diese Behauptung. Das Landgericht (LG) wies die Klage jedoch ab, woraufhin die Klägerin in Berufung ging. Auch das OLG Köln verneinte eine Mithaftung.

Rechtsgrundlagen und Abwägungen

Die Klägerin stützte ihren Anspruch auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 21a Abs. 1 StVO. § 823 Abs. 2 BGB verlangt die Verletzung eines Schutzgesetzes, das auch Dritte schützen soll. Der Gurtpflicht gemäß § 21a StVO kommt eine drittschützende Wirkung zu – sie schützt nicht nur den Anschnallpflichtigen, sondern auch andere Insassen.

Seit 1979 erkennt der Bundesgerichtshof (BGH) ein Mitverschulden nach § 254 BGB an, wenn das Nichtanschnallen zu Verletzungen anderer Mitfahrer führt. Dennoch entschied das OLG Köln, dass die Mithaftung der Beklagten hinter der des stark alkoholisierten Fahrers zurücktritt. Die Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge ergab, dass das grob fahrlässige Verhalten des Fahrers den Unfall maßgeblich verursacht hatte. Daher spielte der Beitrag der Beklagten keine Rolle.

Fazit

Die Anschnallpflicht dient nicht nur dem eigenen Schutz, sondern auch dem der anderen Insassen. Wer sich nicht anschnallt, geht ein Risiko ein, auch für andere Mitfahrer verantwortlich gemacht zu werden. In diesem Fall jedoch entschied das Gericht, dass das schwere Verschulden des Fahrers jegliche Mithaftung der Beklagten ausschloss.

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OLG Köln, Urteil vom 27.08.2024 - 3 U 81/23

Bild von Rechtsanwalt Cihan Kati im Anzug
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