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Nach Kündigung bis zum letzten Tag krankschreiben lassen – funktioniert das?

Manchmal mag es verlockend erscheinen, sich nach der Kündigung – ob durch den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer selbst – einfach bis zum letzten Arbeitstag krankschreiben zu lassen. Schließlich würde man im Krankheitsfall weiterhin Gehalt beziehen, obwohl das Arbeitsverhältnis ohnehin enden wird. Doch wie einfach ist es tatsächlich, sich auf diese Weise krankschreiben zu lassen? Muss der Arbeitgeber das akzeptieren?

Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Mecklenburg-Vorpommern beleuchtet diese Frage und bietet interessante Einblicke.

Der Fall

Im konkreten Fall entschied das Landesarbeitsgericht über eine Auseinandersetzung bezüglich der Entgeltfortzahlung. Der Arbeitgeber hatte dem Arbeitnehmer am 09.12.2022 fristgerecht zum 15.01.2023 gekündigt. Nachdem der Arbeitnehmer seine Kündigung erhalten hatte, begab er sich zu seinem Arzt, der ihn zunächst bis zum 06.01.2023 krankschrieb. Der Arzt stellte zwei Diagnosen aus, verschrieb mehrere Medikamente und überwies den Arbeitnehmer an einen Facharzt. Der Arbeitnehmer holte jedoch weder die Medikamente ab noch suchte er den Facharzt auf. Am 02.01.2023 suchte der Arbeitnehmer erneut einen Arzt auf und erhielt eine Krankschreibung bis zum 16.01.2023. Der Arbeitgeber weigerte sich daraufhin, den Lohn für Dezember 2022 zu zahlen, woraufhin der Arbeitnehmer Klage erhob.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Gericht entschied zugunsten des Arbeitgebers und wies die Klage des Arbeitnehmers ab. Der Kläger hatte keinen Anspruch auf Lohnzahlung für den Monat Dezember 2022.

Rechtliche Grundlagen

Gemäß § 3 Abs. 1 EFZG hat ein Arbeitnehmer grundsätzlich Anspruch auf Entgeltfortzahlung bis zu einer Dauer von sechs Wochen, wenn er krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist. Der Arbeitnehmer trägt jedoch die Darlegungs- und Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen. Normalerweise erfolgt der Nachweis der Arbeitsunfähigkeit durch eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die als gesetzliches Beweismittel gilt.

Wenn der Arbeitgeber jedoch Umstände darlegen kann, die Zweifel an der Beweiskraft der Bescheinigung aufkommen lassen – etwa, wenn eine Krankschreibung passgenau bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses reicht – kann dies die Beweiskraft der Bescheinigung erschüttern. In diesem Fall muss der Arbeitnehmer konkrete Tatsachen vorbringen, die die tatsächliche Erkrankung belegen. Dazu gehören detaillierte Informationen zur Erkrankung, den Einschränkungen und den verordneten Maßnahmen oder Medikamenten.

Im vorliegenden Fall konnte der Kläger diese Tatsachen jedoch nicht überzeugend darlegen. Das Gericht stellte fest, dass ein bloßer Vortrag der Diagnosen nicht ausreicht, um eine Krankheit nachzuweisen.

Fazit

Die Entscheidung des Landarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern verdeutlicht, dass eine Krankschreibung bis zum letzten Arbeitstag nach einer Kündigung nicht automatisch Anspruch auf Entgeltfortzahlung begründet. Der Arbeitgeber kann Zweifel an der Authentizität der Krankschreibung aufwerfen, insbesondere wenn sie zeitlich exakt bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses reicht. Der Arbeitnehmer ist dann verpflichtet, durch detaillierte und konkrete Nachweise zu belegen, dass die Krankschreibung gerechtfertigt ist. Im Zweifel reicht eine allgemeine Krankmeldung nicht aus, um den Anspruch auf Lohnfortzahlung zu sichern. Es ist daher ratsam, sich im Krankheitsfall stets um umfassende und ehrliche Dokumentation zu bemühen, um mögliche rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.

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LAG Mecklenburg-Vorpommern (07.05.2024) - Aktenzeichen 5 Sa 98/23

Bild von Rechtsanwalt Cihan Kati im Anzug
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