Rechtsanwalt in Hannover feiert Jubiläum

BGH-Entscheidung im Fall der Kokain-Bande: Teilweise Neuverhandlung erforderlich

Mit Beschluss vom 10. Juli 2024 hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Revision eines Angeklagten im Fall einer international agierenden Kokain-Bande größtenteils zurückgewiesen (Az. 6 StR 335/23). Zugleich ordnete das Gericht jedoch an, dass das Landgericht Hannover das Strafmaß erneut prüfen muss.

Hintergrund des Falls

Der Fall erlangte bundesweite Aufmerksamkeit durch die Entdeckung von 16 Tonnen Kokain im Hamburger Hafen im Februar 2021. Die größte jemals in Europa sichergestellte Menge war in Schiffscontainern aus Paraguay versteckt und wurde einer Drogenbande zugeordnet, die aus den Niederlanden heraus operierte.

Ein Logistikunternehmer aus dem Harz, Jonas H., wurde vom Landgericht Hannover wegen bandenmäßigen Drogenhandels zu zwölfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, für die Organisation der Transporte innerhalb Deutschlands verantwortlich gewesen zu sein.

Kritikpunkt: Aufklärungsbemühungen nicht ausreichend gewürdigt

Der BGH hob den Strafausspruch auf, da die Aufklärungsbemühungen des Angeklagten nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. H. hatte vor Beginn des Verfahrens Hinweise auf mögliche Maulwürfe innerhalb der Ermittlungsbehörden gegeben. Diese Informationen führten später zur Festnahme eines Staatsanwalts, der unter Korruptionsverdacht steht.

Zwar hatte das Landgericht Hannover die Voraussetzungen des gesetzlichen Strafmilderungsgrundes der Aufklärungshilfe (§ 46b StGB) abgelehnt, doch der BGH stellte klar, dass solche Bemühungen auch außerhalb dieses Rahmens strafmildernd berücksichtigt werden können. Eine erneute Prüfung durch eine andere Kammer des Landgerichts ist nun erforderlich.

Mitwirkung eines Staatsanwalts unter Korruptionsverdacht

Ein besonderer Aspekt des Falls war die Mitwirkung eines Staatsanwalts, der inzwischen selbst wegen Verdachts auf Bestechlichkeit und Geheimnisverrat in Untersuchungshaft sitzt. Der BGH sah hierin jedoch keinen Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren. Die Verdachtsmomente gegen den Staatsanwalt seien zum Zeitpunkt der Verhandlungen nicht konkret genug gewesen, um dessen Ausschluss zu rechtfertigen. Zudem sei das Verfahren durch die Mitwirkung eines Oberstaatsanwalts überwacht worden.

Rechtliche Einordnung

Die Entscheidung verdeutlicht die hohen Anforderungen an die Strafzumessung in komplexen Verfahren. Insbesondere dann, wenn ein Angeklagter durch seine Mitwirkung zur Aufklärung von Straftaten beiträgt, muss dies sorgfältig geprüft und im Urteil gewürdigt werden.

Gleichzeitig wirft der Fall Fragen nach der Integrität strafrechtlicher Verfahren auf, wenn Ermittler selbst in den Verdacht strafbaren Handelns geraten. Der BGH setzte hier klare Grenzen und stellte fest, dass ein vager Verdacht nicht ausreicht, um die Fairness eines Verfahrens grundsätzlich infrage zu stellen.

Ausblick

Das Landgericht Hannover wird sich erneut mit dem Fall befassen müssen, wobei die strafmildernden Aspekte der Aufklärungsbemühungen des Angeklagten im Vordergrund stehen dürften. Der Fall zeigt exemplarisch, wie komplex und sensibel die Beurteilung strafrechtlicher Verantwortlichkeiten sein kann, insbesondere bei parallelen Ermittlungen gegen Beteiligte der Strafverfolgung.

Bild von Rechtsanwalt Cihan Kati im Anzug
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