Rechtsanwalt in Hannover feiert Jubiläum

Ab wann gilt eine Gesellschaft als Handelsgesellschaft? – Eine Übersicht

Wann wird eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zur Handelsgesellschaft und welche Kriterien entscheiden darüber?

Diese Frage beschäftigt viele Unternehmer, die zunächst mit einer GbR starten und sich später mit den rechtlichen Anforderungen einer Handelsgesellschaft konfrontiert sehen.

Diese Einstufung ist entscheidend, da sie festlegt, ob die Gesellschaft nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) oder dem Handelsgesetzbuch (HGB) behandelt wird. Besonders relevant ist dies für Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR), die oft nicht bewusst in eine Handelsgesellschaft umgewandelt werden, wenn sie gewisse Kriterien erfüllen. Doch wann ist genau von einer Handelsgesellschaft auszugehen?

1. Gesetzliche Grundlage: Das Handelsgesetzbuch (HGB)

Die Einstufung als Handelsgesellschaft ergibt sich im Wesentlichen aus dem § 1 HGB. Dort ist festgelegt, dass jemand, der ein Handelsgewerbe betreibt, als Kaufmann gilt und dem HGB unterliegt. Damit beginnt die Unterscheidung zwischen einer reinen GbR und einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) oder einer anderen Handelsgesellschaft.

Ein Handelsgewerbe im Sinne des HGB liegt vor, wenn

es sich um eine auf Dauer angelegte und nach außen gerichtete selbstständige Tätigkeit handelt,
diese Tätigkeit erkennbar auf Gewinnerzielung abzielt,
und der Geschäftsbetrieb nach Art und Umfang eine kaufmännische Organisation erfordert.

2. Abgrenzung: Wann wird eine GbR zur OHG?

Eine GbR kann grundsätzlich als einfache Form der Personengesellschaft gegründet werden und unterliegt primär dem BGB. Sie wird jedoch zur offenen Handelsgesellschaft (OHG), sobald sie die Merkmale eines Handelsgewerbes erfüllt.

Entscheidende Faktoren für die Umwandlung sind:

Art und Umfang des Gewerbes: Entscheidend ist, ob das Geschäft so umfangreich wird, dass es kaufmännisch organisiert sein muss. Dies ist keine rein formelle Definition, sondern hängt von mehreren Kriterien ab:
Jahresumsatz: Obwohl im Gesetz kein fester Schwellenwert für den Jahresumsatz genannt wird, dienen die Umsätze als wichtiger Anhaltspunkt. Hier variieren die Schätzungen in der Praxis. Einige Stimmen gehen davon aus, dass bereits ein Jahresumsatz von 150.000 EUR genügt, um eine Kaufmannseigenschaft zu begründen. Andere Stimmen in der Literatur orientieren sich eher an einem Schwellenwert von 200.000 EUR.
Anzahl der Arbeitnehmer: Die Beschäftigung von mehreren Arbeitnehmern deutet ebenfalls darauf hin, dass der Betrieb eine kaufmännische Organisation erfordert. Wenn regelmäßig mehr als 5 Mitarbeiter beschäftigt werden, spricht dies in der Regel für eine kaufmännische Struktur.
Organisation und Infrastruktur: Ein Geschäft, das beispielsweise eine Lagerhaltung erfordert, regelmäßige Bestellungen durchführt und ein geregeltes Buchführungssystem betreibt, kann nicht mehr als "einfacher" Betrieb gelten. Ab einem gewissen Komplexitätsgrad liegt ein Handelsgewerbe nahe.

3. Keine starre Umsatzgrenze, aber klare Indikatoren

Die genaue Schwelle, ab wann von einer Handelsgesellschaft auszugehen ist, bleibt Ermessenssache und wird von Gerichten im Einzelfall geprüft. Es gibt keine gesetzlich fixierte Grenze für den Jahresumsatz oder die Mitarbeiteranzahl. Dennoch haben sich in der Praxis einige Richtwerte etabliert:

Ein Jahresumsatz von 150.000 bis 200.000 EUR wird in der Praxis und in der Literatur als Indikator herangezogen, dass eine kaufmännische Organisation notwendig wird.
Auch wenn keine festen Werte im Gesetz stehen, führen Gerichte bei Umsätzen in dieser Größenordnung häufig an, dass ein Handelsgewerbe betrieben wird.
Beschäftigt ein Unternehmen dauerhaft mehrere Arbeitnehmer, so ist dies ebenfalls ein starkes Indiz dafür, dass eine GbR nicht mehr den Anforderungen einer nicht kaufmännischen Struktur entspricht.

4. Rechtsfolgen der Einstufung als Handelsgesellschaft

Wird eine GbR als Handelsgewerbe eingestuft, so hat dies wichtige rechtliche Konsequenzen:

Die Gesellschaft wird in eine offene Handelsgesellschaft (OHG) umgewandelt und unterliegt damit dem HGB.
Es besteht die Pflicht zur Eintragung ins Handelsregister.
Die Gesellschaft muss eine doppelte Buchführung gemäß HGB einführen und regelmäßig Bilanzen erstellen.
Die Haftung bleibt wie bei der GbR, das heißt, die Gesellschafter haften weiterhin unbeschränkt mit ihrem Privatvermögen.

5. Fazit: Individuelle Prüfung im Einzelfall

Ob eine Gesellschaft als Handelsgesellschaft einzustufen ist, hängt nicht allein von einem festen Umsatzschwellenwert ab, sondern von einer Gesamtabwägung der Umstände. Wichtigste Indikatoren sind dabei:

der Jahresumsatz,
die Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer,
und die Komplexität der Geschäftsorganisation.

Werden diese Schwellen erreicht, sollte die Gesellschaft darüber nachdenken, ob sie nicht besser in eine OHG oder eine andere Handelsgesellschaftsform umgewandelt werden sollte. Andernfalls drohen unter Umständen rechtliche Konsequenzen, wenn die Gesellschaft weiterhin als GbR geführt wird, obwohl sie faktisch bereits ein Handelsgewerbe betreibt.

Für Unternehmen, die nahe an diesen Schwellenwerten operieren, empfiehlt sich in jedem Fall eine juristische Beratung, um Klarheit über die richtige Gesellschaftsform zu erhalten und die Einhaltung der rechtlichen Pflichten sicherzustellen.

Bild von Rechtsanwalt Cihan Kati im Anzug
Noch Fragen?
Schreiben Sie mir über die E-Mail oder vereinbaren Sie direkt ein Termin.
Termin vereinbaren
Termin vereinbaren