

Abschleppen auf Privatgrund: Wer zahlt die Verwahrkosten?
Das Urteil zeigt: Grundstücksbesitzer dürfen zwar abschleppen lassen, aber Verwahrkosten sind nicht unbegrenzt erstattungsfähig.
Der Fall im Überblick
Ein Pkw wurde unerlaubt auf einem privaten Parkplatz abgestellt. Die Grundstücksverwaltung beauftragte daraufhin ein Abschleppunternehmen, das Fahrzeug zu entfernen. Dieses wurde auf dem Firmengelände des Abschleppunternehmens verwahrt.
Erst fünf Tage nach dem Abschleppen forderte der Halter das Fahrzeug schriftlich zurück. Während des laufenden Rechtsstreits wurde das Auto schließlich herausgegeben.
Streitpunkt: Muss der Halter die gesamten Verwahrkosten zahlen – oder nur anteilig?
Instanzenzug: Unterschiedliche Bewertungen
- Landgericht: sprach dem Abschleppunternehmen die vollständigen Verwahrkosten zu.
- Oberlandesgericht: reduzierte den Anspruch auf fünf Tage Verwahrkosten.
- Beide Parteien legten Revision beim Bundesgerichtshof ein.
Die Entscheidung des BGH (Urteil vom 17.11.2023 – V ZR 192/22)
Der BGH bestätigte die Auffassung des OLG:
Nur die Verwahrungskosten der ersten fünf Tage sind erstattungsfähig.
Begründung:
Mit dem Zeitpunkt der Rückgabeverlangen durch den Halter endet die Pflicht zur Kostenübernahme. Eine weitere Verwahrung erfolgt auf Risiko des Abschleppunternehmens.
Die zentralen Leitsätze der Entscheidung
- Verwahrungskosten sind zeitlich begrenzt
- Kosten können nur bis zum Rückgabeverlangen des Halters verlangt werden. Eine längere Verwahrung muss dieser nicht tragen.
- Selbsthilferecht bleibt zulässig
- Grundstückseigentümer dürfen nach wie vor unbefugt geparkte Fahrzeuge abschleppen lassen. Die Abschleppkosten selbst sind weiterhin grundsätzlich erstattungsfähig.
- Keine übermäßige Belastung für Fahrzeughalter
- Abschleppunternehmen dürfen Fahrzeuge nicht unbegrenzt verwahren, um hohe Kosten geltend zu machen.
- Kein deliktischer Schadenersatzanspruch
- Das unerlaubte Parken ist zwar eine verbotene Eigenmacht, berechtigt jedoch nicht zu einem unbegrenzten Schadenersatzanspruch.
Was bedeutet das in der Praxis?
Für Fahrzeughalter:
- Schnell reagieren! Wer abgeschleppt wurde, sollte umgehend die Herausgabe verlangen.
- So lassen sich unnötige Verwahrkosten vermeiden.
Für Grundstücksbesitzer und Abschleppunternehmen:
- Abschleppen bleibt erlaubt – aber:
- Verwahrungskosten dürfen nicht beliebig in die Länge gezogen werden.
- Eine angemessene Abholfrist muss eingeräumt werden, um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.
Rechtssicherheit für beide Seiten
Mit dem Urteil sorgt der BGH für klare Regeln:
- Ja: Halter müssen für Verwahrungskosten zahlen
- Aber: nur zeitlich begrenzt, bis zur aktiven Rückforderung des Fahrzeugs
- Grundstückseigentümer dürfen abschleppen lassen, müssen aber wirtschaftlich zumutbare Grenzen einhalten
BGH, Urteil vom 17.11.2023 - V ZR 192/22
